In seinen Lektüren tauchte Montale nicht nur in die literarische Tradition ein, sondern auch in die Gedichte seiner Kollegen, in die Verse Giuseppe Ungarettis etwa oder Salvatore Quasimodos, die manche Ideen des französischen Symbolismus zu variieren suchten. Mit der merkwürdigen Bezeichnung „ermetismo“, die man ihren Gedichten anheften wollte, konnte Montale nie etwas anfangen. Die Landschaft Liguriens, wo er 1896 geboren wurde, gewinnt in seinen Versen immer wieder Gestalt, nicht etwa als Ensemble schöner Bilder, sondern gebunden an die Wahrnehmung: „Bleich und versunken an einer heißen / Mauer ruhen in der Mittagshitze, / hören, wie zwischen Dornen und Stauden / Amseln schlagen, Schlangen zischen. // Verfolgen auf Wicken, auf rissigem Boden / die roten Ameisen in krabbelnden Reihen, (…) // Zwischen den Blättern das Beben / ferner Meerschuppen erspähen“. / Nico Bleutge, Süddeutsche Zeitung 27.8.
Eugenio Montale: Was bleibt (wenn es bleibt). Gedichte 1920-1980. Zweisprachige Ausgabe. Ausgewählt, übersetzt und mit Anmerkungen versehen von Christoph Ferber. Mit einem Nachwort von Georges Güntert. Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung, Mainz 2014. 512 Seiten, 25 Euro.
